Fall­beispiel / Ober­bay­ern / Lkr. Pfaf­fen­hofen an der Ilm

Pfaffenhofen an der Ilm: Fremdwassersanierung hat hohe Priorität

Über etwa 220 km öffentliche Kanäle wer­den die Abwäss­er in Pfaf­fen­hofen a. d. Ilm in die Kläran­lage befördert. Ab der Grund­stücks­gren­ze sind die abzweigen­den Anschlusskanäle in Pri­vatbe­sitz der Hau­seigen­tümer. Die Stadtwerke Pfaf­fen­hofen sind für das öffentliche Abwasser­netz bis zum Hau­san­schlusskon­trollschacht ver­ant­wortlich, obwohl dieser bere­its auf pri­vatem Grund liegt. Die Länge des Abwasser­net­zes auf Pri­vat­grund beträgt etwa 500 km.

Die Kläran­lage Pfaf­fen­hofen reinigte 2016 eine Abwasser­menge von ca. 4,9 Mio. Kubik­me­ter und führte diese über die Ein­leitung in die Ilm wieder dem Wasserkreis­lauf zu. Dabei betrug der Fremd­wasser­an­teil in der Kläran­lage 40% des Schmutzwassers bei Trockenwetter.

Als Fremd­wass­er wird ein­drin­gen­des Grund- und Quell­wass­er beze­ich­net. Haup­tur­sache des Fremd­wassers sind undichte Stellen im Kanal­sys­tem sowie Fehlanschlüsse an das Kanal­netz. Einige Kanäle in Pfaf­fen­hofen – wie in vie­len anderen Kom­munen auch – stam­men noch aus den 1940er Jahren und sind alters­be­d­ingt sanierungs­bedürftig. Bau­maß­nah­men im Umfeld sowie die erhöhte Nutzung der Straßen durch Schw­er­lastverkehr belas­ten das Kanal­sys­tem zusätzlich.

Durch die somit entste­hen­den Bruch­stellen und undichte Verbindun­gen dringt Grund­wass­er in die Rohrleitun­gen ein. Eben­so kann über die undicht­en Stellen Schmutzwass­er in das Erdre­ich aus­treten und schließlich in das Grund­wass­er gelangen.

Für die Kläran­lage bedeutet der hohe Fremd­wasser­an­teil zudem eine unnötige Belas­tung und verur­sacht Mehrkosten im Betrieb und erschw­ert die Reinigung.

Mit einem Fremd­wasser­an­teil von 40 % lag Pfaf­fen­hofen im Jahr 2016 über dem bay­erischen Durch­schnitt der Kläran­la­gen. Erk­lärtes Ziel der Stadtwerke Pfaf­fen­hofen ist es daher, das Fremd­wass­er im Kanal­sys­tem soweit wie möglich zu reduzieren.

Um den Fremd­wasser­an­teil möglichst schnell zu reduzieren, ist es sin­nvoll die größten Fremd­wass­er-Hot-Spots im öffentlichen Kanal­netz in der Pla­nung voranzustellen.” 

Dr. Sebastian Brandmayr, Technischer Leiter Stadtwerke Pfaffenhofen a. d. Ilm

Als Grund­lage für die Sanierung dient das Kanalkataster, in dem Alter und Zus­tand der Kanäle doku­men­tiert und durch wieder­holte Kam­er­abefahrun­gen ergänzt und fort­geschrieben wer­den. Die aktuell­ste Kanal­be­fahrung wurde 2019 in Auf­trag gegeben, die aus­gew­erteten Ergeb­nisse wer­den im Jahr 2020 vorliegen. 

Durch kon­tinuier­liche Kanal­reini­gungsar­beit­en wird die Funk­tions­fähigkeit der Schächte und Kanalleitun­gen nach­haltig sichergestellt. Sind Erneuerun­gen von Straßen, Wasser­leitun­gen oder andere Tief­bauar­beit­en geplant, so wird in diesen Bere­ichen der Zus­tand der Kanäle eben­falls bew­ertet und eingestuft. Bei entsprechend schlechter“ Ein­stu­fung wer­den Erneuerun­gen oder Sanierun­gen vorgenom­men. Das geschieht — wann immer möglich — im Rah­men von spartenüber­greifend­en Bau­maß­nah­men, also dann, wenn auch andere unterirdis­che Infra­struk­turen wie Strom‑, Gas‑, oder Telekom­leitun­gen bear­beit­et wer­den müssen, um die Straßen so sel­ten wie möglich auf­graben zu müssen.

Sanierung mittels Inliner

Die Sanierung undichter Stellen im öffentlichen Bere­ich mit­tels Inliner“-Verfahren erfordert höch­ste Präzi­sion und kann bei fachgerechter Durch­führung eine tech­nisch und wirtschaftlich sin­nvolle Alter­na­tive zur Kanalerneuerung sein. 

Dabei erfol­gt die Sanierung in zwei Schrit­ten. Die als undicht iden­ti­fizierte Kanal­hal­tung wird zunächst nochmals mit ein­er Kanalka­m­era befahren, um die aktuelle Aus­prä­gung der Schä­den festzustellen und ein geeignetes Sanierungsver­fahren auszuwählen. Als zweit­er Schritt fol­gt die Sanierung und damit Behe­bung der Undichtigkeit. In Pfaf­fen­hofen kommt hier — wenn möglich — ein Inlin­er-Ver­fahren zum Ein­satz. Bei diesem Ver­fahren wird ein harzgetränk­ter Schlauch in die alte Kanal­hal­tung einge­zo­gen und mit Druck­luft aufge­blasen“, sodass sich dieser wie eine neue Haut an die Wand des alten Kanals anlegt und dort in kurz­er Zeit aushärtet. So entste­ht ein neues Rohr im Rohr, das wieder für Jahrzehnte seine Funk­tion erfüllt und Fremd­wassere­in­tritte in den Kanal verhindert.

Die Sanierung des Pfaf­fen­hofen­er Kanal­net­zes erfol­gt kon­tinuier­lich. Etwa 1 % des öffentlichen Kanal­net­zes wird jährlich saniert beziehungsweise neu gebaut. Alleine die dafür notwendi­gen Investi­tio­nen betra­gen cir­ca 1,5 Mil­lio­nen Euro pro Jahr.

Garant für Fremdwasserreduktion: Entwässerungspläne

Ent­ge­gen den Vor­gaben der Entwässerungsatzung wurde es früher oft geduldet, Regen­wasserdraina­gen von pri­vat­en Grund­stück­en an das Kanal­sys­tem anzuschließen. Um das Ziel Reduk­tion des Fremd­wasser­an­teils zu unter­stützen, müssen diese jahrzehn­teal­ten Anschlüsse entsprechend geän­dert wer­den. Damit bei neuen Bau­vorhaben von Anfang an sichergestellt wer­den kann, dass kein Fremd­wass­er in das Kanal­sys­tem ein­geleit­et wird, wer­den von Seit­en der Stadtwerke Pfaf­fen­hofen bei jedem Bauantrag Entwässerungspläne ange­fordert und geprüft. Par­al­lel hierzu gibt es in regelmäßi­gen Abstän­den Infor­ma­tionsver­anstal­tun­gen für Architek­ten, Bau­un­ternehmer und Bauher­ren, die dabei über den richti­gen Umgang mit Entwässerungsplä­nen informiert werden.